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Widerstand gegen ein Unrechtsgesetz – Teil II

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Widerstand wogegen eigentlich? Worüber regen sich Menschenrechtsorganisationen wie SOS Mitmensch schon wieder auf? Hier der Versuch, die im neuen Fremdenrechtspaket enthaltenen – teilweise wahnwitzigen und durchgehend unnötigen – Verschlechterungen, übersichtlich darzustellen.

Doch zuvor ein Absatz zu den Verbesserungen, die der Gesetzesentwurf vorsieht. Sie sind gering an der Zahl, und dort. wo es sie gibt, finden sich gleich auch wieder Einschränkungen. Begrüßenswert ist etwa die nunmehr verpflichtende Rechtsberatung in fremdenpolizeilichen Verfahren. Konterkariert wird diese Bestimmung allerdings durch ein Beratungssystem, das in vollständiger Abhängigkeit vom Innenministerium stattfinden soll. Begrüßenswert ist die Frist, die Personen ohne Aufenthaltsberechtigung zur „freiwilligen Ausreise“ eingeräumt wird. Allerdings beträgt diese Frist nur 14 Tage und sie gilt nicht für so genannte Dublin-Fälle. Positiv ist schlussendlich auch die Regelung, dass im Falle einer Abschiebung eines unbegleiteten Minderjährigen eine Übergabe an Familienmitglieder oder an eine Aufnahmeeinrichtung im Zielstaat vorzusehen ist. Allerdings ist nach wie vor keine umfassende Prüfung vorgesehen, die das Wohl von Kindern sicherstellt.

Nun zu den zahlreichen problematischen Aspekten des Gesetzespaketes. Ich möchte sie anhand von 10 Fragen abhandeln, die sich ein demokratischer Rechtsstaat stellen sollte, und auf die der Gesetzesentwurf des Innenministeriums folgende Antworten gefunden hat:

1. Sind bis zu 10 Monate Schubhaft noch zu wenig?

Wenn es nach dem Gesetzesentwurf geht, dann ja. Denn die höchstzulässige Dauer der Schubhaft soll von 10 auf 18 Monate erhöht werden. Diese Verlängerung entbehrt allerdings jeder nachvollziehbaren Begründung. Anstatt Schubhaft für Asylsuchende endlich nahe null herunter zu fahren, wird die schon bestehende dumme und rücksichtslose Inhaftierungspolitik noch weiter verstärkt.

2. Gehören Minderjährige, die nichts angestellt haben, ins Gefängnis?

Wenn es nach dem Gesetzesentwurf geht, dann ja. Die geplante Neuregelung stellt sogar einen Rückschritt gegenüber der jetzigen Praxis dar, zumal die Anwendung „Gelinderer Mittel“ (also die Ausschöpfung von Möglichkeiten jenseits der Inhaftierung) bei 16 bis 18-Jährigen Jugendlichen nicht mehr, wie bisher, der Regelfall sein soll.

3. Sollen Eltern dazu genötigt werden, ihre Kinder „freiwillig“ mit in Schubhaft zu nehmen?

Wenn es nach dem Gesetzesentwurf geht, dann ja. Der Entwurf sieht vor, dass Kinder in Zukunft nicht mehr in Schubhaft müssen. Allerdings wird Eltern, die sich weigern ihre Kinder „freiwillig“ mit in Schubhaft zu nehmen damit gedroht, dass ihnen die komplette Obsorge für ihr/e Kind/er entzogen wird.

4. Soll die Schubhaft regelmäßig und in nicht allzu großen Intervallen richterlich überprüft werden?

Wenn es nach dem Gesetzesentwurf geht, dann nein. Erst nach 4 Monaten (!) ist eine erste richterliche Überprüfung vorgesehen! Davor prüft einzig die Behörde, die die Schubhaft verhängt hat, ob sie weiterhin zu ihrer Entscheidung steht.

5. Sollen RechtsberaterInnen unabhängig und zum Wohl ihrer KlientInnen agieren können?

Wenn es nach dem Gesetzesentwurf geht, dann nein. Der Entwurf sieht eine vollkommene Abhängigkeit der Rechtsberatung vom Innenministerium vor. Zudem müssen die RechtsberaterInnen in Zukunft eine „objektive“ Beratung durchführen. Damit soll wohl Druck auf die BeraterInnen ausgeübt werden, dass sie nicht mehr zum Wohl ihrer KlientInnen, sondern zum Wohlgefallen des Innenministeriums agieren.

6. Sollen die Deutschvorkenntnisse von Menschen, die nach Österreich einwandern wollen, gefördert werden?

Wenn es nach dem Gesetzesentwurf geht, dann nein. Fördermaßnahmen vor der Einreise nach Österreich sind nicht vorgesehen. Was jedoch vorgesehen ist, sind (für viele der Betroffenen unerfüllbare) Sprachforderungen (ohne „ö“ wohlgemerkt).

7. Sollen Nicht-StaatsbürgerInnen, die schon länger in Österreich leben, in Unsicherheit und Existenzängste gestürzt werden?

Wenn es nach dem Gesetzesentwurf geht, dann ja. Der Entwurf baut neue, höhere und absolut unnötige Hürden und Anforderungen für die Erlangung von Aufenthaltssicherheit ein. Menschen, die davon ausgegangen sind, dass sie in Österreich dauerhaft leben können und sich hier eine Existenz aufgebaut haben, werden plötzlich mit dem Risiko konfrontiert ausgewiesen zu werden.

8. Sollen Menschen, deren Aufenthaltsberechtigung erloschen ist, ohne Chance auf Einspruch außer Landes gebracht werden können?

Wenn es nach dem Gesetzesentwurf geht, dann ja. Der Entwurf enthält eine wahnwitzige Bestimmung, nach der Personen innerhalb von sieben Tagen, nachdem ihr Aufenthalt im Bundesgebiet nicht mehr rechtmäßig ist, ohne weiterem Verfahren zurückgeschoben werden können.

9. Sollen Verletzungen der Straßenverkehrsordnung und Verstöße gegen Prostitutionsregelungen zu einem Einreise- und Rückkehrverbot führen?

Wenn es nach dem Gesetzesentwurf geht, dann ja. Selbst Verwaltungsübertretungen wie etwa eine Verletzung der Bestimmungen nach dem Meldegesetz oder eine Verletzung einer asylrechtlichen Gebietsbeschränkung können zu einem Rückkehrverbot führen, und es könnte auch Opfer von Menschenhandel treffen, wenn sie als nicht-legalisierte Prostituierte gearbeitet haben.

10. Soll es eine transparente, rechtsstaatliche und vernünftige Bleiberechtsregelung geben?

Wenn es nach dem Gesetzesentwurf geht, dann nein. Im Gegenteil, an allen Ecken und Enden wird für mehr Aufenthalts-Unsicherheit gesorgt. Menschen, die hier leben, hier in Ausbildung sind, die Kinder haben, die hier aufgewachsen sind, sind nach wie vor in vielen Fällen der staatlichen Willkür ausgeliefert.

Wie soll es nun weiter gehen? Wie kann es zu einer Kurskorrektur kommen? Und wie kann es zu einer öffentlichen Mobilisierung gegen dieses Unrechts-Gesetz kommen?

Dazu mehr in Teil III.


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